Mühlenhansel - Neues Projekt

Direkt zum Seiteninhalt

Mühlenhansel

Narrenkleider

Die Sage vom Mühlenhansel


Im einsamen Waldtal zu Rötenbach stand die Silbermühle, in dem Türmchen auf dem Dach hing ein gewichtiges Silberglöcklein. In Sturmnächten, wenn weder Mond noch Sterne am Himmel standen, fing das Glöcklein zuweilen selbst an zu läuten. Dann ging immer der Mühlehansel durchs Haus und zog am Seil. Er setzte Nachts das Mahlwerk in gang und mahlte das Korn damit morgens alle Säcke voll mit dem schönsten Weizenmehl waren.

Etwas weiter oben im Tal stand die Eisenmühle. Der Eisenmüller hatte nicht soviel Glück und Erfolg wie der Silbermüller. Mit Neid sah er auf den Silbermüller, dem alles von der Hand ging. Er dachte, wenn auch er ein Glöckchen in seinen Turm hängen würde, sei alles besser. Er machte eine Eisenglocke am Turm fest, aber nichts geschah und unterdessen trieb der Eisenmüller und sein Knecht Hannes mit wildern sein dunkles Gewerbe




Eines Tages sagte die Frau vom Eisenmüller: „Hör mal, mit deinem Wildern kannst du's halten wie es dir gefällt, aber es will mir nicht einleuchten, dass der Silberntüller immer mehr zu Geld und Ansehen kommt, während wir immer mehr gantmäßig bestellt sind. Am Glöcklein liegt's, am Silberglöcklein"

Der Eisenmüller gab seiner Frau recht und da beschlossen der Eisenmüller und Hannes das Glöcklein zu stehlen und zu gegebener Zeit verkaufen um schweres Geld.

In stockdunkler Nacht trugen der Eisenmüller und sein Knecht die große Leiter über des Silbermüllers Steg. Niemand bemerkte, wie die beiden Sprosse um Sprosse auf das Dach stiegen. Nur einer aber war hellwach --- der Mühlehansel guckte durch das Fenster der Mühlstube nach den beiden Dieben.

Da zockte der Mühlehansel an der Leiter und Hannes flüsterte: „Meister, lasst euer Gampen, sonst geht's schief'. Und der Hansel zockte und ruckte wieder und wieder und die beiden Diebe fingen an zu streiten, weil jeder dachte, der andere war's.

Der Hannes verlor den Halt und konnte sich nur mit knapper Not an den Beinen des Eisenmüllers festhalten. Auch der Müller hing nun mit bloßer Hand an einem Balken. Da sagte Hannes zu seinem Diebesgefährten: Meister, jetzt ist es Zeit, dass ich mich empfehle, mich wird der Silbermüller nicht greifen – lebt wohl" und plumpste mitten in den hochgehenden Bach und fluderte ans andere Ufer.

Der Eisenmüller hangelte sich mit letzter Kraft zur Mühlstube. Da er sehr große Angst hatte, der Silbermüller könnte ihn greifen, schlüpfte er in einen-leeren Kornsack und setzte sich zu den anderen mit Korn gefüllten Säcken.

Durch ein kleines Loch im Sack konnte er die Mühlstube beobachten. Er sah ein kleines hölzernes Männlein mit einer gelben Tracht und bemaltem Wams, der hielt in einer Hand einen Schellengurt. Wenn der Mahlgang leer lief, so schüttelte er die Schellen und die Mühlknechte mussten Korn aufschütten.

Es sprach dabei mit dunkler Stimme:




“Dunst,Dunst,

Geisterkunst

Aus Mondschein

Ward Fleisch und Bein.

Rühret die Glieder

Auf und nieder! Räder

und´Wellen, Drehhet im

schnellen Gange dig`,

Miihle, Fluten, ihi

kühle, Rauschetheran!

Fasst zu, greift an!

Knecht und Meister

Ihr guten Geister

lobet den Herrn

Drei-König-Stern




Der im Sack sitzende Eisenmüller sah voll Verwunderung, dass in der Mühlstube viele kleine Hanselchen das Korn mahlten. Einen Sack nach dem anderen wurde gemahlt bis nur noch ein Sack in der Ecke stand, der mit dem Eisenmüller.

Der Mühlehansel hatte den ungebetenen Gast im Sack schon lange bemerkt und sagte zu seinen Hanselchen: „Bindet diesen Sack zu" und so geschah's. Der Dieb war gefangen und nach einer angstvollen Nacht schlief er im Morgengrauen ein.

Als der Knecht vom Silbermüller morgens in die Mühlstube kam, war nur noch ein Sack übrig aus dem ein lautes Schnarchen zu hören war. Der Knecht dachte, es kann nur ein Marder drin sein. Er brachte den Sack rasch auf die Beine und bearbeitete ihn mit einem Prügel so nachhaltig, dass der Sack durch die ganze Mühlstube hüpfte. Der Knecht rief: „Meister, wenn ihr einen Sack hüpfen sehen wollt, dann kommt geschwind rauf". „Wir kennen den Vogel am Gesang" meinte der Silbermüller und wollte sich den Bauch halten vor lachen.

Der Eisenmüller bettelte: „Lasst mich aus, lasst mich aus, wenn ihr ein ehrbarer Mann seid!"

Sie banden den Sack auf und der Eisenmüller war noch nie so schnell eine Treppe heruntergebraust und nach Hause gelaufen wie damals.

Als der Eisenmüller zu seiner Mühle kam sah er, dass sein Eisenglöckchen auf dem Mühlenturm weg war und dafür eine Schweinsblase hing.

Drei Waldbauernkinder kamen des Weges und schmissen mit Steinen nach dem Müller und riefen:

„Eisenmüller, Glockendieb,

Sag, wo deine Glocke blieb!

Eisenmüller, Hinkebein,

Im Türmlein hängt ein halbes Schwein!"

Er jagte die Kinder weg und seine Frau kam ihm jammernd entgegen:

„Mann, wo warst du die ganze Nacht. Ein Strauchdieb holte ein Schwein aus unserem Stall und hernach machte er sich an unser Türmlein zu schaffen.

Der Eisenmüller rieb sich seinen schmerzenden Buckel, hinkte und seufzte:

„Es war keine gute Nacht, frag mich nicht danach. Was aber den Schweinedieb betrifft, so wird's der Hannes gewesen sein. Der ist mir entlaufen”

Und der Müller verkaufte hernach seine Mühle und zog mit seiner Frau hinweg, wo die Berge und Wälder zu Ende sind und auf großen, breiten Strömen die Schiffe fahren.

Des Silbermüllers Glöcklein aber schickte noch lange Jahre seine Stimme in die Einöde. Auch steht das hölzerne Männlein am Mahlkasten.

Wer weiß, ob es nachts noch umgeht!


Zurück zum Seiteninhalt